Tierseuchenbekämpfung, Tiergesundheit & Gesundheitsbescheinigungen

Allgemeines zur Tierseuchenbekämpfung, Anzeigepflicht, Meldepflicht

Nicht jede übertragbare Tierkrankheit wird als Tierseuche staatlich bekämpft. Gründe für ein staatliches Eingreifen können vielfältig sein:

  • Schutz von Tieren, Tierbeständen und Regionen vor gefährlichen Tierseuchen mit bedeutender ökonomischer Relevanz (z.B. Schweinepest, Geflügelpest, Maul- und Klauenseuche)
  • Schutz vor einer Gefährdung der menschlichen Gesundheit durch direkt oder indirekt, z.B. über Lebensmittel, übertragbare Tierkrankheiten (Zoonosen, z.B. Salmonellosen)
  • Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der tierischen Erzeugung und des Handels durch Seuchenfreiheitsgarantien (amtliche Gesundheitsbescheinigungen)

Die Tierseuchenbekämpfung wird weitgehend von europäischem Recht bestimmt. Im Mittelpunkt steht seit 2021 die VO (EU) 2016/429 (Animal Health Law; AHL) mit zahlreichen Delegierten Verordnungen und Durchführungsverordnungen. Relevante Tierkrankheiten sind Gefährdungsgruppen zugeordnet, nach denen sich die nationalen und EU- weiten Bekämpfungsvorschriften und innergemeinschaftlichen Verbringungsregelungen für Tiere und Waren richten. Die EU regelt unter anderem auch die Registrierung und Zulassung von Betrieben im Geltungsbereich des AHL. Das nationale Recht auf der Grundlage des Tiergesundheitsgesetzes gilt nur so weit, wie es nicht von EU- Recht überlagert wird.

Anzeigepflicht (§ 4 Tiergesundheitsgesetz)

Der Verdacht oder Ausbruch einer anzeigepflichtigen Tierseuche im Kreis Wesel ist nach der Verordnung über anzeigepflichtige Tierseuchen beim Fachdienst Veterinär- und Lebensmittelüberwachung unverzüglich anzuzeigen. Anzeigepflichtig sind neben dem Tierhalter selbst auch Tierärzte, alle Berufsgruppen und sonst gewerbsmäßig Tätigen, die mit Tieren umgehen.

Außerhalb der Dienstzeiten ist die amtstierärztliche Rufbereitschaft über die Leitstelle des Kreises Wesel erreichbar: 0281 300250.

Bis zur weiteren Entscheidung haben Tierhalter Maßnahmen zu ergreifen, um eine Verschleppung der Tierseuche zu vermeiden; insbesondere kranke und verdächtige Tiere von Orten, an denen eine Gefahr der Ansteckung fremder Tiere besteht, fernzuhalten.

Meldepflicht

Für bestimmte Krankheiten gibt es eine Meldepflicht nach der Verordnung über meldepflichtige Tierkrankheiten. Sie gilt für Untersuchungseinrichtungen und praktizierende Tierärzte und dient dem Zweck einer bundesweiten Übersicht über das Auftreten dieser Erkrankungen als Entscheidungsgrundlage für ein etwaiges staatliches Eingreifen. Die Feststellung einer solchen Erkrankung im Kreis Wesel ist dem Fachdienst Veterinär- und Lebensmittelüberwachung in geeigneter Weise mitzuteilen.

Die zuständige übergeordnete Landesbehörde ist das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV NRW). Untersuchungseinrichtung für amtliche Proben aus dem Kreis Wesel ist das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Rhein-Ruhr-Wupper in Krfefeld (CVUA RRW).

Tierseuchen

Afrikanische Schweinepest

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist eine anzeigepflichtige Tierseuche bei Haus- und Wildschweinen, deren Vorkommen ursprünglich auf Afrika begrenzt war. Seit 2007 breitet sie sich in Europa aus, erreichte über das Baltikum Polen und im September 2020 erstmals die Wildschweinepopulation in Brandenburg.  Während seitdem zahlreiche Fälle bei Wildschweinen in einem Gürtel entlang der deutsch-polnischen Grenze festgestellt wurden, traten bisher nur vereinzelte Ausbrüche bei gehaltenen Schweinen auf. Entscheidend für den Schutz gehaltener Schweine ist die Biosicherheit der Betriebe und angesichts der Gefahr der Weiterverbreitung die Früherkennung. Im Kreis Wesel verendet aufgefundene Wildschweine sollten unbedingt zwecks Beprobung beim Fachdienst Veterinär- und Lebensmittelüberwachung gemeldet werden.

Ausführliche Informationen insbesondere für Tierhalter, Jäger, Tierärzte zur Erkrankung, zur Seuchenlage, Hinweisen zur Biosicherheit und Risikobewertung veröffentlicht das Friedrich-Löffler- Institut.

BHV1

Das Bovine Herpesvirus 1 (BHV1) verursacht bei Rindern Erkrankungen der Atemwege (Infektiöse Bovine Rhinotracheitis) oder der Geschlechtsorgane (Infektiöse Pustulöse Vulvovaginitis). Es handelt sich um eine anzeigepflichtige Tierseuche, die für den Menschen ungefährlich ist.

Deutschland ist anerkannt frei von BHV1. Regional sind am Unteren Niederrhein und im westlichen Westfalen in den vergangenen Jahren mehrfach Seuchenausbrüche festgestellt worden, die betriebsbezogene Bekämpfungsmaßnahmen erforderten und eine regionale Gefahr für den Freiheitsstatus bedeuteten. Über eine freiwillige Vereinbarung zwischen Landwirtschaft und den zuständigen Behörden in NRW wurden für die Region, zu der Kreis Wesel gehört, weitergehende Biosicherheitsbestimmungen und zusätzliche Frühwarnuntersuchungen festgelegt.

Blauzungenkrankheit

Die Blauzungenkrankheit ist eine anzeigepflichtige Tierseuche der Wiederkäuer, die durch Viren verursacht und über Mücken der Gattung Culicoides (Gnitzen) übertragen wird. Die Blauzungenkrankheit ist nicht auf den Menschen übertragbar. Das Blauzungenvirus (BTV) tritt in 24 Serotypen auf. Ausgehend von den Niederlanden wurde die Blauzungenkrankheit vom Typ 3 im Oktober 2023 in Deutschland im Kreis Kleve festgestellt. NRW hat mittlerweile den bisherigen Freiheitsstatus verloren. Folge sind Handelsbeschränkungen.

Aktuelle Informationen veröffentlicht das LANUV NRW.

Aviäre Influenza, Vogelgrippe, Geflügelpest

Die Geflügelpest durch Influenzaviren verursacht. Sie haben ihr natürliches Reservoir in wilden Wasservögeln. Die Viren treten in zwei Varianten (gering- /hochpathogen) und verschiedenen Subtypen (H1-16 in Kombination mit N1-9) auf. Geringpathogene aviäre Influenzaviren (LPAIV) der Subtypen H5 und H7 verursachen bei Hausgeflügel, insbesondere bei Enten und Gänsen, kaum oder nur milde Krankheitssymptome. Allerdings können diese Viren spontan zu einer hochpathogenen Form (hochpathogene aviäre Influenzaviren, HPAIV) mutieren, die sich dann klinisch als Geflügelpest zeigt.

Geflügelpest ist für Hausgeflügel hochansteckend und verläuft mit schweren allgemeinen Krankheitszeichen. HPAIV, aber auch einige LPAIV können bei Exposition gegenüber einer hohen Infektionsdosis auch auf Säugetiere und den Menschen übertragen werden. Wegen des zoonotischen Potentials wird die Lage weltweit intensiv beobachtet.

Die Lage in der Wildvogelpopulation wird über ein Monitoring überwacht. Entscheidend für die Vermeidung des Eintrags von Influenzaviren aus der Wildvogelpopulation in Hausgeflügelbestände ist die Biosicherheit der Betriebe. In den vergangenen Jahren musste wegen der starken Viruslast in der Wildvogelpopulation wiederholt kreisweit die Aufstallung des Geflügels angeordnet werden.

Im Kreis Wesel verendet aufgefundene Wildvögel (Wasservögel, Greifvögel) sollten zwecks Beprobung beim Fachdienst Veterinär- und Lebensmittelüberwachung gemeldet werden.

Ausführliche Informationen insbesondere für Tierhalter, Jäger, Tierärzte zur Erkrankung, zur Seuchenlage, Hinweise und Merkblätter zur Biosicherheit und zur Risikobewertung veröffentlicht das Friedrich-Löffler- Institut.

Tierhaltung, Registrierung, Meldung von Tierbeständen und Tierbewegungen, Bestandsregister

Grundlage einer effektiven Tierseuchenbekämpfung sind lückenlose Informationen über Nutztierhaltungen. Betriebe, in denen Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen, Hühner, Enten, Gänse, Fasane, Perlhühner, Tauben, Truthühner, Wachteln, Einhufer oder Kameliden gehalten werden, sind von der zuständigen Behörde unter Erteilung einer 15-stelligen Registriernummer in einem Register zu erfassen. Ebenfalls mit Registriernummern zu erfassen sind alle Sammelstellen, Viehhandelsbetriebe, Transportunternehmen. Die Registriernummern werden in Nordrhein- Westfalen von der Tierseuchenkasse vergeben.

Jährlich bis zum 31.01. müssen Tierhalter ihre Tierzahlen zum Stichtag 01.01. an die Tierseuchenkasse melden. In bestimmten Fällen sind Nachmeldungen zum Stichtag 15.02.  erforderlich. Für Viehhändler gelten besondere Regelungen.

Die Meldepflicht gilt mit unterschiedlichen Regelungen für Haltungen von Pferden, Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen, Geflügel, Gehegewild und Bienen.

Die Kennzeichnung der Tiere bestimmter Tierarten ist in Verbindung mit der Führung von Bestandsregistern erforderlich, um im Seuchenfall Identität, Herkunft, Transportwege und Verbleib im Seuchenfall feststellen zu können. Grundlage ist neben dem EU- Recht die Viehverkehrsverordnung.

Für Rinder, Schafe und Ziegen ist in NRW ist der Landeskontrollverband - LKV NRW die beauftragte Stelle für die Ausgabe der Tierkennzeichen. Auf der Homepage sind alle erforderlichen Informationen veröffentlicht.

Der Equidenpass (Pferdepass) ist in Verbindung mit der Kennzeichnung mittels Mikrochip für alle Equiden (Pferde, Ponys, Esel) vorgeschrieben. Ausgestellt werden die Pässe von den jeweils bestimmten zuständigen Stellen wie zum Beispiel den anerkannten Pferdezuchtverbänden oder der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN). Auf deren Homepage sind ausführliche Informationen veröffentlicht.

Gesundheitsbescheinigungen, Transportanmeldungen, TRACES, Reisen mit Tieren, EU- Heimtierausweis

National und international erforderliche Gesundheitsbescheinigungen für Tiere und Waren werden vom Fachdienst Veterinär- und Lebensmittelüberwachung auf rechtzeitigen Antrag und bei Vorliegen der Voraussetzungen erstellt.

Transporte von Nutztieren oder Schlachttieren (Rinder, Schafe, Ziegen, Geflügel) und Pferden innerhalb der EU sind mit den zur Verfügung gestellten und vollständig auszufüllenden Vordrucken rechtzeitig anzumelden, um die erforderlichen Untersuchungen innerhalb der rechtlich vorgeschriebenen Fristen durchführen zu können. Transporteure müssen über die erforderlichen tierschutzrechtlichen Transportbefähigungen verfügen. Transportfahrzeuge müssen für den vorgesehenen Zweck geeignet und ggf. zugelassen sein.

Innerhalb der EU gilt das einschlägige EU- Recht. Im internationalen Handel mit Tieren und Waren bestimmen die Einfuhrstaaten die Bedingungen. Unternehmen müssen sich vergewissern, dass sie die Einfuhrbedingungen erfüllen können und die für eine Zertifizierung erforderlichen Nachweise rechtzeitig und vollständig für eine Zertifizierung vorlegen. Die EU oder das Bundesministerium haben mit vielen Staaten abgestimmte und dann zwingend zu verwendende Veterinärzertifikate ausgehandelt. Teilweise besteht auch eine Listungspflicht für Unternehmen als Exportvoraussetzung in bestimmte Staaten. Hierüber kann im Einzelfall Auskunft erteilt werden.

Bei nicht abgestimmten Zertifikaten handelt es sich um Zertifikate, die beispielsweise von Drittstaaten ohne Verhandlungen oder von Handelspartnern zur Verfügung gestellt werden.  Soweit Vorzertifikate erforderlich sind, sind sie vom Exporteur vorzulegen.

Es werden nur zwingend erforderliche und ausschließlich nachprüfbare Anforderungen aufgrund persönlicher Kenntnis oder vorgeschriebener Vorzertifikate bescheinigt.

TRACES (TRACES NT)

Innerhalb der EU und zunehmend im Drittlandverkehr werden Gesundheitsbescheinigungen für Tiere, teils auch für Waren, über die Internet- Anwendung TRACES erstellt. Auf TRACES haben Behörden wie Unternehmen Zugriff. Betroffene Unternehmen werden von den zuständigen Behörden in TRACES mit ihren Aktivitäten registriert oder zugelassen. Im Kreis Wesel ist dies der Fachdienst Veterinär- und Lebensmittelüberwachung. Über TRACES können und sollen Unternehmen, die regelmäßig im internationalen Handel tätig sind, Gesundheitsbescheinigungen für die amtliche Zertifizierung selbst vorbereiten. Nähere Informationen für Unternehmen sind auf der Seite des Friedrich- Löffler- Institutes zu finden.

Exportierende Betriebe müssen sich vergewissern, dass die Empfangsbetriebe und Transporteure (die nicht im Kreisgebiet ansässig sind) korrekt in TRACES registriert sind. Andernfalls kann eine Zertifizierung nicht zugesichert werden.

Heimtierausweis, Reisen mit Heimtieren

Für Reisen mit Hunden, Katzen und Frettchen innerhalb der Europäischen Union und für die Einfuhr in die Europäische Union wurde 2003 der einheitliche blaue Heimtierausweis eingeführt. Ziel ist ein der Schutz vor der Einschleppung der Tollwut in die Europäische Union und deren Weiterverbreitung. Heimtierbesitzer, die innerhalb der EU reisen, müssen sich rechtzeitig vorher mit ihrer Tierarztpraxis in Verbindung setzen. Dort wird bei einer entsprechenden Berechtigung der Heimtierausweis ausgestellt. Voraussetzung hierfür ist die eindeutige Kennzeichnung der Tiere mittels Mikrochip. Reisen sind nur unter einem wirksamen Tollwutschutz möglich.
Für die meisten Reisen innerhalb der Europäischen Union ist der vorherige Besuch bei der Veterinärbehörde nicht mehr erforderlich. Das gilt ausschließlich für den privaten Reiseverkehr und in diesem Rahmen maximal 5 mitgeführten Tieren pro Person. Werden die Tiere von keiner Person begleitet, sondern als „unbegleitete Fracht" transportiert oder sollen verkauft werden, ist eine amtstierärztliche Gesundheitsbescheinigung erforderlich.

Bei Reisen in Drittländer gelten die Vorschriften des jeweiligen Reiselandes. Daher müssen Reisende sich rechtzeitig vor Reiseantritt bei einer Vertretung des betroffenen Landes in Deutschland oder bei Ihrem Reiseveranstalter über die jeweiligen Einreisebedingungen erkundigen. Hier ist zu beachten, dass für die Einreise und Rückreise in die Europäische Union bestimmte Bedingungen eingehalten werden müssen.
Die aktuellen Informationen sind auf der Internetseite des zuständigen Bundesministeriums zu finden.

Gegebenenfalls erforderliche amtstierärztliche Bescheinigungen für Reisen in Drittländer werden im Dienstgebäude des Fachdienstes Veterinär- und Lebensmittelüberwachung ausgestellt. Hierfür ist eine telefonische Terminabsprache erforderlich.

Weitere Informationen einschließlich der Rechtsgrundlagen sind beispielsweise auf der Homepage der Fa. Intervet (MSD) zu finden.

Wichtig:
Nicht selten werden bei Reisen fast ausnahmslos Hunde mitgebracht, die nicht den geltenden Tollwut- Bestimmungen genügen oder mit gefälschten Heimtierausweisen verkauft. Wird dies amtlich bekannt, müssen die Tiere auf Tierhalterkosten solange abgesondert gehalten werden, bis sichergestellt ist, dass sie unter einem ausreichenden Impfschutz gegen Tollwut stehen und von ihnen keine Gefahr ausgeht. Die Absonderung erfordert in aller Regel eine mehrwöchige Quarantäne in einem Tierheim. Die Kosten können durchaus 1.500 € und mehr je Tier betragen. Hinzu kommen Impf- und Untersuchungskosten. Die Tollwutinfektion endet bei nicht rechtzeitiger Impfung auch für Menschen stets tödlich.

Ansprechpersonen

Person Zuständigkeit
Philipp Harbering Verwaltung
Jochen Hoffmann Verwaltung
Dr. Antonius Dicke Sachverständige
Dr. Katja Brandt Sachverständige
Dr. Uta Engelking Sachverständige
Dr. Ursula Greven Sachverständige
Dr. Natalie Schultes Sachverständige
Ulrike Plicht Sachverständige
Steven Martin Block Veterinärassistenz