Kreisausschuss verabschiedet Kiesresolution
Nachdem die Mitglieder des Umwelt- und Planungsausschusses in ihrer Sondersitzung am Mittwoch, 20. Februar, sich bereits mehrheitlich für eine Resolution zur Nachhaltigkeit beim Kiesabbau ausgesprochen hatten, beschloss der Kreisausschuss diese nun in seiner Sitzung am Mittwoch, 27. Februar mit großer Mehrheit.
Gerd Drüten (SPD) betonte, wie wichtig es für den Kreis Wesel sei, mit großer Mehrheit gemeinsame Ziele bezüglich des Regionalplans durchzusetzen. „Wir haben eine Verantwortung gegenüber den nachfolgenden Generationen.“ Udo Bovenkerk (CDU) bezeichnete die Resolution als „einen Quantensprung für den Kreis Wesel“. „Uns ist es wichtig, unsere Landschaft zu erhalten und von den großen Fördermengen herunter zu kommen“, so Bovenkerk. Hubert Kück (Grüne) schloss sich Bovenkerk an: „Wir brauchen unsere Flächen für Landwirtschaft, Wohnen, Gewerbe und Industrie. Wir fordern hier etwas für die Kreisbevölkerung.“ Rainer Mull (FDP/VWG) bezeichnete den Inhalt der Resolution dagegen als „Papiertiger“. Seiner Meinung nach sei der Großteil der Resolution industrie- und arbeitgeberfeindlich. Auch Sascha Wagner (Linke) stimmte gegen die Resolution, die seiner Auffassung nach in ihren Grundtendenzen hinter den Zielen der Linken im Kreistag zurückbleibe.
Die Schaffung von Transparenz und Nachprüfbarkeit durch die Bereitstellung aller relevanten Informationen durch den Regionalverband Ruhr (RVR) ist eines der Hauptanliegen der Resolution. Außerdem fordert der Kreisausschuss, die Erhöhung des Versorgungszeitraumes von 20 auf 25 Jahre im Rahmen der Änderung des Landesentwicklungsplans zurückzunehmen und die Bereiche für Sicherung und Abbau oberflächennaher Bodenschätze (BSAB) weiterhin als sogenannte „Konzentrationszonen“ festzusetzen. Darüber hinaus soll ein integriertes Gesamtkonzept zum Erhalt von Landschaft, Heimat und Umwelt durch die Landesregierung erarbeitet und eine Nachweispflicht darüber, wohin und wieviel Kies und Sand geliefert werden, gesetzlich verankert werden. Eine Nachhaltigkeitsklausel soll mit dem Ziel eingeführt werden, die jährlich zulässige Abbaumenge innerhalb von 20 Jahren auf einen Sockel von 50 % des durchschnittlichen Abbaus der Jahre 2016 bis 2018 zu senken. Der Einsatz von Recyclingmaterial und nachwachsenden Rohstoffen (insb. Holz) wie auch der Einsatz von Ersatzbaustoffen soll verstärkt und gefördert werden. Zur Findung von konsensfähigen Abbauflächen soll zukünftig ein Dialogprozess durch den Regionalverband Ruhr durchgeführt werden, vergleichbare Abgrabungskonferenzen werden bereits von den Bezirksregierungen Arnsberg und Köln durchgeführt.
Resolution des Kreises Wesel – Nachhaltigkeit beim Kiesabbau
Der Niederrhein ist ein besonders belasteter Teilraum in NRW, in dem eine seit Jahrzehnten stattfindende Ausbeutung von Kies zu einseitiger räumlicher Überbelastung geführt hat, so dass es dringend zu einer Neueinschätzung der Lastenverteilung kommen muss.
In immer stärkeren Ausmaßen hat dies bereits zu grundlegenden Veränderungen in der Landschaft und zu starken und unumkehrbaren Auswirkungen auf Flora und Fauna, auf das Grundwasser, das Landschaftsbild, sowie die Landwirtschaft geführt.
Die Menschen am Niederrhein und besonders die Anwohnenden müssen oftmals jahrzehntelang die nicht nachhaltigen Auswirkungen von Auskiesungen ertragen. Im Kreis Wesel sind die Wasserflächen von 2012 bis 2017 um nahezu 300 ha angestiegen.
Kiese und Sande sind endliche Ressourcen, die nicht innerhalb weniger Jahrzehnte ausgebeutet werden dürfen. Dafür ist dringend ein nachhaltiger Abbau erforderlich, der über landesrechtliche Vorgaben in Regionalpläne und letztlich Genehmigungen umzusetzen ist. Dazu ist u.a. eine jährlich kontinuierlich reduzierte Abbaumenge erforderlich. So können sich Kiesunternehmen und Verbrauchende darauf einstellen und langfristig nach anderen Lösungen suchen.
Aus diesem Grunde beschließt der Kreisausschuss folgende Gesamtstrategie, die in die Stellungnahme zum Regionalplan Ruhr und dessen Handlungsprogramm einfließen, sowie als Resolution an die Landesregierung und den RVR gerichtet werden soll.
1. Der Kreistag des Kreises Wesel fordert im Sinne der Vorbemerkung die Landesregierung auf:
- Die Erhöhung des Versorgungszeitraumes von 20 auf 25 Jahre im Rahmen der LEP-Änderung zurückzunehmen.
- Im Rahmen der LEP-Änderung unter Ziel 9.2-1 „Räumliche Festlegungen für oberflächennahe nichtenergetische Rohstoffe“ nur die Festlegung von Bereichen für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze für nichtenergetische Rohstoffe als Vorranggebiete mit der Wirkung von Eignungsgebieten in den Regionalplänen zuzulassen, um eine wilde, raumordnerisch ungeordnete und den Niederrhein weiter zerstörende Abbautätigkeit zu verhindern.
- Ein integriertes Gesamtkonzept zum Erhalt unserer Landschaft, unserer Heimat und unserer Umwelt zu erarbeiten, das über Generationen hinweg angelegt ist. Dazu gehören:
- Die gesetzliche Verankerung einer Nachweispflicht, wohin unsere Rohstoffe Kies und Sand verbracht werden und wie hoch die Volumina sind. Da Kies und Sand auch außerhalb Deutschlands verkauft werden, muss nachgewiesen werden, wie hoch das Volumen ist und wohin unser Rohstoff geliefert wird, um ggf. steuernde Maßnahmen ergreifen zu können. Der Niederrhein als auszubeutende Kies- und Sandressource für die ganze Welt darf nicht das Ziel sein.
- Ein Gesamtmonitoring, um eine gerechte Lastenverteilung unter den kies- und sandhaltigen Regionen zu erreichen, wobei auch die Exporte in die Niederlande sowie Kies- und Sandvorkommen in den Braunkohletagebauen mit einzubeziehen sind.
- Die Aufnahme einer Nachhaltigkeitsklausel für den Abbau von nichtenergetischen Rohstoffen in den Landesentwicklungsplan und die Landesgesetzgebung, die sich an den nachfolgenden Punkten orientiert:
- Senkung der jährlich zulässigen Abbaumenge von Locker-gesteinen auf der Basis des Durchschnitts der Jahre 2016, 2017 und 2018 bis auf einen Sockel von 50 % – in den ersten 5 Jahren um jährlich 5% und in den darauffolgenden 15 Jahren um jährlich 1,7 %. Demnach würde der Sockel von 50 % nach 20 Jahren erreicht. Für den Fall, dass sich die Abgrabungsmengen nicht wie zuvor beschrieben reduzieren, wird eine Revisionsklausel eingeführt, die nach 10 Jahren eine Modifizierung der jährlichen Reduzierungsquote und der Gesamtlaufzeit ermöglicht.
- Flächendarstellungen in den Regionalplänen nur für die so errechnete Menge.
- Förderung des verstärkten Einsatzes von Recyclingmaterial, nachwachsenden Rohstoffen (insb. Holz) sowie von Ersatzbaustoffen. Dazu sind ggf. auch die technischen Normen und Förderbestimmungen anzupassen.
- Unterstützung von Forschung und Lehre mit Landesmitteln, damit sie geeignete Ersatzstoffe für Kies und Sand aufzeigen können.
- Einführung des Kieseuros als Unterstützung für die vom Kies- und Sandabbau besonders betroffenen Kommunen.
2. Der Regionalverband Ruhr wird im Rahmen der Offenlage des Regionalplan Ruhr und des Handlungsprogramms zur räumlichen Weiterentwicklung der Metropole Ruhr aufgefordert:
- Den Bedenken der kreisangehörigen Kommunen und des Kreises Wesel Rechnung zu tragen und die betreffenden BSAB im Regionalplan nicht darzustellen.
- Alle relevanten Daten vorzulegen, u.a. die Karte der restriktionsfreien Eignungsflächen.
- Informationen bereitzustellen, für welchen Zeitraum die Versorgung nach dem derzeitigen Planungs- und Genehmigungsstand gesichert ist und wie diese Daten hergeleitet wurden. Diese Informationen sollen eine Plausibilitätsprüfung der geplanten BSAB ermöglichen.
- Zur Vorbereitung des „Ausgleichs der Meinungen“ mit allen betroffenen Beteiligten (kreisangehörigen Kommunen, Kreis, Kieswirtschaft, Landwirtschaft, Umweltverbänden, Bürgerinitiativen zum Kiesabbau, ggf. Wasserwirtschaft) im Rahmen eines Dialogprozesses – vergleichbar der Abgrabungskonferenzen bei den Bezirksregierungen Arnsberg und Köln - nach alternativen und möglichst konsensfähigen Abgrabungsstandorten suchen.
- Die konsensfähigen BSAB wie vorgesehen als Vorranggebiete mit der Wirkung von Eignungsgebieten („Konzentrationszonen“) darzustellen.
- Im Handlungsprogramm auf die Problematik des Kies- und Sandabbaus in der Region einzugehen und Lösungsansätze aufzuzeigen.
3. Die Verwaltung wird beauftragt:
- Eine Abstimmung der Problematik mit dem Kreis Kleve zu organisieren.
- Dahingehend auf den RVR einzuwirken, dass der Dialogprozess zwischen den Beteiligten zeitnah in Gang gesetzt wird. Ein Sachstandsbericht soll in der Sitzung des Umwelt- und Planungsausschusses am 20.03.2019 erfolgen.
- Ferner wird der Landrat beauftragt, im Kommunalrat um Unterstützung für die Einführung der Abgrabungskonferenz zu werben