Kreis Wesel und Lippeverband informieren über das gemeinsame Abwasser-Überwachungsprojekt auf Corona in Dinslaken
Der Kreis Wesel und der Lippeverband nehmen gemeinsam mit der Kläranlage Dinslaken, als Pilotstandort, seit mehr als einem halben Jahr an einem deutschlandweiten EU-Projekt zur Überwachung des Abwassers auf das Coronavirus teil.
Das Abwassermonitoring wird von der Europäischen Kommission im Rahmen des ESI-CorA-Projektes gefördert (No 060701/2021/864650/SUB/ENV.C2). Da die Kläranlage Dinslaken seit Programmbeginn regelmäßig auf das Virus untersucht wird, kann nach der bisherigen Versuchslaufzeit eine erste Bilanz gezogen werden.
Der Lippeverband untersucht seit Februar 2022 zweimal wöchentlich den Abwasserzulauf der Kläranlage in Dinslaken auf Corona-Viren. Die Daten wurden von den Projektteilnehmenden im Zusammenhang zu den parallel vorliegenden Corona-Fallzahlen des Einzugsgebiets der Kläranlage Dinslaken gemeinsam aufbereitet, visualisiert und bewertet. Durch die Abwassermessungen sind nun Trends und Trendänderungen der Infektionsdynamik in der Pandemie mit einer Vorlaufzeit von zwei bis drei Tagen zu erkennen. Dies ist möglich, da sowohl symptomatische, präsymptomatische als auch asymptomatische coronainfizierte Personen Viren ausscheiden und diese im Abwasser nachgewiesen werden können.
Corona-positive Befunde können aufgrund dessen potenziell zeitlich eher im Abwasser registriert werden, bevor sie in den offiziell vorliegenden Inzidenzen erfasst werden können. Dies kann einen planerischen Zeitvorteil bringen. Infektiologisch erforderliche Maßnahmen auf ansteigende Zahlen, wie z.B. eine Personalaufstockung im Gesundheitswesen und Teststrukturanpassungen, lassen sich anhand der Klärwerksanalytik durch den Zeitgewinn effektiver gestalten.
Bei den Untersuchungen in der Pilotphase hat die TU Darmstadt bisher im Abstand von fünf Monaten Sequenzierungen der Virusvarianten vorgenommen. Die Ergebnisse decken sich mit den Erkenntnissen im klinischen Bereich und auch hier zeigt sich eine Vorlaufzeit. Im Abwasser kann das Auftreten einer neuen Virusvariante durch den zeitlichen Vorsprung früher erkannt werden, als durch die Sequenzierung der Proben erkrankter Personen.
Das Abwasser-Monitoring stellt ein zusätzliches diagnostisches, flächendeckend einsetzbares Instrument für das COVID-19-Management dar, das sowohl der Früherkennung als auch der Überwachung von pandemischen Erregern dienen und mittels Sequenzierung auch die Verbreitung von Varianten aufzeigen kann. Durch diese Untersuchungen lässt sich, unabhängig von Corona-Tests, ein effizienter regionaler Gesamtüberblick über die Verbreitung des Virus gewinnen. Die Abwassermessungen liefern insofern wichtige zusätzliche Erkenntnisse für die Beurteilung der Infektionslage.
„Die Wasserwirtschaft kann einen aktiven Beitrag zur Bekämpfung der Corona-Krise leisten. Gezielte Analysen von Abwasserproben ergaben klare Erkenntnisse, die Entwicklung eines abwasserbasierten Frühwarnsystems ist unser Ziel. Ein solches System wäre in Zukunft auch relevant für andere Virus-Varianten sowie Krankheiten, die über das Abwasser nachgewiesen werden können. Wir als Emschergenossenschaft und Lippeverband stehen bereit, gemeinsam mit möglichen weiteren Partnern, die notwendigen technischen und organisatorischen Infrastrukturen dafür zu schaffen. Geklärt werden muss indes die Frage der Finanzierung der flächendeckenden Abwasser-Monitorings – hier ist die Politik am Zuge“, sagt Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender von Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV), die gemeinsam Deutschlands größter Betreiber von Kläranlagen sind.
Landrat Ingo Brohl: „Ich freue mich sehr darüber, dass das Pilotprojekt bei uns im Niederrhein Kreis Wesel stattfindet. Die Erkenntnisse aus dem wissenschaftlichen Projekt sind wertvoll und zeigen Trends auf, bevor sie sich in den Infektionszahlen niederschlagen. Ich hoffe, dass sich dieses Frühwarnsystem etabliert und in zukünftig möglichen pandemischen Lagen auch genutzt werden kann.“